Die Gülle-Alarmanlage erkennt und meldet einen drohenden oder eingetretenen Schaden an einem Gülleleitungssystem.
Die nachfolgend beschriebene Beispielanlage wurde für einen Betrieb entwickelt, auf dem es zu Schäden am Gülleleitungssystem in einem Pumpenkeller kam. Auf dem Betrieb wird die Gülle täglich mit einer Hubkolbenpumpe aus einem Güllekeller in eine Lagune gepumpt. Die Pumpvorgänge werden von einer automatischen Steuerung anhand des Pegelstandes im Güllelager gestartet und gestoppt. Im Rohrsystem zur Lagune bildeten sich Verstopfungen, die sich über mehrere Tage aufbauten und den Druck während der Pumpvorgänge von zwei bar bei freier Leitung auf bis zu acht bar bei stark verstopfter Leitung ansteigen ließen. Bei einem Druck von etwa acht bar wurden Dichtungen zwischen den Rohrleitungsteilen herausgedrückt, wodurch es zum Austritt von Gülle im Pumpenkeller kam.
Die nachfolgende Beschreibung ermöglicht den Nachbau der Gülle-Alarmanlage. Die Gülle-Alarmanlage ist eine elektrische Anlage. Die DGUV Vorschrift 3 schreibt vor, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft errichtet, geändert und instandgehalten werden dürfen. [1]
Die Gülle-Alarmanlage alarmiert bei einem zu hohen Druck im Güllerohr und/oder einer Überflutung des Pumpenkellers. Der Alarm wird durch Signallampen angezeigt. Für den Alarm bei Überdruck wird ein Drucksensor im Güllerohr verbaut. Die Erkennung einer Überflutung wird durch kapazitive Näherungssensoren realisiert.
Der Drucksensor im Güllerohr dient der präventiven Erkennung von Verstopfungen. Es wird ein Drucksensor von Baumer mit der Artikelnummer PP20H-2.3B26R.A114.412020.000 eingesetzt. Es können auch alternative Sensoren verwendet werden. Für die Druckmessung im Güllerohr besitzt der Sensor eine geschlossenene Membran am Prozessanschluss, da sich bei Sensoren mit einer Öffnung Verkrustungen bilden können, die das Messergebnis beeinflussen. Der Sensor wird mit dem Prozessanschluss (Im Beispiel mit dem Gewinde G 1/2 A nach DIN 3852-E) in das Güllerohr geschraubt. Der Sensor ist seitlich am Rohr verbaut, da die Membran unten im Rohr von schweren mitschwimmenden Partikeln getroffen werden könnte. Leichtere aufschwimmende Teile können wiederum die Membran oben im Rohr treffen. Der Gewindgang seitlich am Rohr sollte so hoch sein, dass die Membran des eingeschraubten Sensors höchstens bündig mit der Rohrinnenwand ist oder noch besser noch etwas weiter außen ist. Dies dient ebenfalls dem Schutz vor vorbeischwimmenden Partikeln. Im Bild 2 ist ein Einbaubeispiel in einem 8" Stahlrohr abgebildet. Für den Sensor wurde ein passender Gewindering an das Rohr geschweißt.
Der Drucksensor wandelt einen Druck von 0 bis 25 bar in einen Strom von 4 bis 20 mA linear um. Das Stromsignal des Sensors wird über einen 100 Ohm Präzisionswiderstand geleitet. Ein Arduino Microcontroller misst den Spannungsfall des Stromsignals am Präzisionswiderstand und rechnet diesen auf den entsprechenden Druck um. Der Microcontroller schaltet bei Überschreitung des parametrierbaren Grenzwerts ein Relais, um den Gülle-Alarm zu aktivieren. Eine detailierte Beschreibung des Messaufbaus in Bild 1 bietet der Artikel /Aus_der_Praxis_fuer_die_Praxis/Messen_mit_Arduino.
Eine Überflutung des Pumpenkellers wird durch kapazitive Näherungsschalter erkannt. Diese Schalter sind zum Schutz vor Verschmutzungen in einem Gehäuse verbaut und knapp über dem Fußboden an der Wand in der Nähe des Güllerohres angebracht. Die Vorderseite der Näherungsschalter hat etwa 3 cm Abstand zu dem Betonfußboden. Die Näherungsschalter schalten ihre Relaiskontakte, wenn ein Material oder Gegenstand dichter als ca. 1,5 cm an die Vorderseite herangeführt wird. Austretende Gülle wird somit bei einem Pegelstand von etwa 1,5 cm erkannt. In das Gehäuse wurde ein Sichtfenster eingebaut, um den Schaltzustand der Sensoren anhand deren Signalleuchte erkennen zu können. Dies ist insbesondere zur Klärung von eventuellen Fehlalarmen nützlich, da die Näherungssensoren auf jegliches Material reagieren. In Bild 3 wurde die Funktion des Näherungsschalters mit einem Einweghandschuh getestet.
Der Alarm wird durch zwei Signallampen angezeigt. Eine größere Signallampe (Bild 5) ist an der Gebäudeaußenseite angebracht, damit ein Alarm von Weitem erkannt werden kann. Die zweite Lampe ist neben dem Resettaster angebracht (Bild 4). Über den Resettaster wird der Alarm zurückgesetzt. Falls noch ein Sensor durchgeschaltet ist, wird der Alarm nach dem Loslassen des Resettasters erneut gesetzt.
Ein 24 V Netzteil dient der Spannungsversorgung aller Komponten der Gülle-Alarmanlage. Ein Relais schaltet im Alarmfall die Signallampen und bleibt über eine Selbsthaltung nach einmaliger Aktivierung angezogen. (Bild 6)
Im Beispielsystem (Schaltplan Bild 7) sind zwei kapazitive Näherungsschalter ("S2" und “S3”) und ein Drucksensor mit Relaiskontakt “S4” verbaut. Die Schließerkontakte aller 3 Sensoren sind parallel geschaltet, sodass bei Aktivierung eines beliebigen Sensors das Relais “K1” anzieht. Der Schließerkontakt des Relais “K1:22-24” schaltet die Signallampen “H1” und “H2” ein. Die Selbsthalteschaltung mit dem Schließerkontakt “K1:12-14” sorgt dafür, dass das Relais “K1” nach der einmaligen Aktivierung angezogen bleibt. Über den Öffnerkontakt des Resettasters “S1:11-12” wird die Spannungsversorgung der Relaisspule unterbrochen. In der Folge fällt das Relais “K1” ab, wodurch die Signallampen und die Selbsthaltung abgeschaltet werden.
Die Alarmanlage kann durch weitere Sensoren ergänzt werden. Endlagenschalter ermöglichen die Überwachung von Schieberstellungen. Der Alarm kann mit akustischen Signalgebern erweitert werden. Die Relaiskontakte sind bei entsprechender Verdrahtung in der Lage im Alarmfall die Güllepumpe abzuschalten. Mobilfunk- oder Festnetzmodule mit Relaiseingängen können durch Telefonanrufe oder Kurznachrichten alarmieren.
1. DGUV Vorschrift 3: Elektrische Anlagen und Betriebsmittel - https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-vorschriften/1052/elektrische-anlagen-und-betriebsmittel
Dipl. Ing. (FH) Rainer Kock, Technischer Mitarbeiter im Experimentierfeld Betriebsleitung und Stoffstrommanagement - Vernetzte Agrarwirtschaft in Schleswig-Holstein (BeSt-SH)