Multispektralkameras sind Kameras, die in der Lage sind, Bilder (reflektierte elektromagnetische Strahlung) in verschiedenen Wellenlängen (ƛ) des elektromagnetischen Lichtes aufzunehmen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras, die das sichtbares Licht aufnehmen, erfassen Multispektralkameras auch thermale Infrarot- und Ultraviolettstrahlung. Diese Kameras werden in verschiedenen Bereichen wie Wissenschaft, Medizin, Landwirtschaft, Luft- und Raumfahrt, sowie in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie eingesetzt.
Multispektralkameras arbeiten in der Regel mit einer Kombination von Filtern und Sensoren/kleinen Kameras, die speziell auf die zu erfassenden Wellenlängenbereiche abgestimmt sind. Anders als bei Hyperspektralkameras, welche einzelne spektrale Signaturen erfassen, tasten die Multispektralkameras nur einzelne Bereiche ab. Die erfassten Reflektionsdaten können dann in verschiedenen Formaten wie RGB (Rot-Grün-Blau) oder spektralen Daten (IR und NIR) dargestellt werden. Da die Sonneneinstrahlung einen Einfluss auf die Reflexion hat, werden die Kameras mit einem Sonnenlichtsensor kombiniert, um die Lichtverhältnisse zu erfassen. Diese Daten können anschließend analysiert werden, um Informationen über das untersuchte Objekt oder Material zu gewinnen [1].
In der Landwirtschaft werden Multispektralkameras beispielsweise zur Bestandesüberwachung eingesetzt. Sie können Informationen über das Wachstum, den Zustand und die Gesundheit der Pflanzen liefern, da gesunde grüne Pflanzenmasse im grünen und nahinfraroten Bereich Licht reflektiert [2].
Auf diese Weise können Landwirte frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Bestandesführung zu optimieren, beispielweise durch eine angepasste Düngung. In Kombination mit einer Drohne können diese Kameras für Einzelbilder oder zur Erstellung eines Bilddatensatzes für das Orthomapping genutzt werden. Aus diesen georeferenzierten hochauflösenden Bildern einer Fläche können über einen von vielen Pflanzenindices Applikationskarten erstellt werden [1] [3].
Eine häufige Anwendung von Multispektralkameras in der Landwirtschaft ist die Erstellung eines Orthofotos einer Fläche und anschließender Analyse der Vegetation mittels des sogenannten "Normalized Difference Vegetation Index" (NDVI). Dieser Index basiert auf der Messung der Reflektanz von sichtbarem (rotem) und nah-infrarotem Licht, das von den Pflanzen reflektiert wird. Pflanzenmasse absorbiert sichtbares rotes Licht und reflektiert nah-infrarotes Licht. Mehr Masse bedeutet auch eine höhere Reflektion, wodurch Unterschiede im Bestand sichtbar werden. Mithilfe von multispektralen Bildaufnahmen kann dieser Unterschied mittels NDVI berechnet werden, um den Zustand der Pflanzen zu bewerten. Hier können beispielsweise für den Raps im Herbst oder Frühjahr Düngekarten abgeleitet werden. Durch eine Zonierung der Unterschiede und Eingabe der zu düngenden Menge für jede Zone kann so eine teilflächenspezifische Düngung erfolgen. Durch diese gezielte Düngung können überflüssige Nährstoffgaben reduziert werden. Neben dem NDVI gibt es zudem viele weitere Indices (VARI, SAVI, GNDVI,…), die aus den Bändern von Multispektralaufnahmen errechnet werden können [1] [2].
Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich von Multispektralkameras in der Landwirtschaft ist die Erkennung von Unkraut, das die Ernte schädigen kann. Aus Multispektraldaten können per Software spezielle Merkmale von Unkräutern erkannt werden, wie beispielsweise unterschiedliche Reflektanzen, um sie von den Nutzpflanzen oder Boden zu unterscheiden. Dadurch können Landwirte gezielt gegen das Unkraut vorgehen, ohne nicht verunkrautete Bereiche zu behandeln [1] [2].
Insgesamt sind Multispektralkameras ein wertvolles Werkzeug für die Landwirtschaft. Sie ermöglichen es Landwirten, den Zustand ihrer Pflanzen zu überwachen und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Ertragsunterschiede in der Fläche oder Ernteausfällen entgegenzuwirken. Auch in anderen Bereichen sind diese Kameras für viele Branchen und Anwendungen einsetzbar. Sie ermöglichen es, Informationen zu sammeln, die mit herkömmlichen Kameras nicht zugänglich sind und können dazu beitragen, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
M. Sc. Bastian Brandenburg, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Experimentierfeld Betriebsleitung und Stoffstrommanagement - Vernetzte Agrarwirtschaft in Schleswig-Holstein (BeSt-SH) und der Zukunftsregion DigiZert - Digitales Zertifikatsystem der Kartoffel-Wertschöpfungskette zur Dokumentation landwirtschaftlicher Klima- und Umweltschutzmaßnahmen