Ohrmarken werden in der Landwirtschaft zur Kennzeichnung von Tieren genutzt (Abb. 1). Mit den darauf enthaltenen Daten kann das Tier genau zugeordnet werden [1]. Neben der klassischen analogen Ohrmarke verbreitet sich zunehmend die elektronische Tierkennzeichnung mittels Transponder [2].
Die Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) verpflichtet Tierhalter in Deutschland zur Kennzeichnung von Rindern, Schafen, Ziegen und Einhufern größtenteils mittels einer Ohrmarke [3]. Diese Verordnung obliegt der europäischen Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (ABl. L 355 vom 5.12.1992, S. 32), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 21/2004 (ABl. L 5 vom 9.1.2004, S. 8) geändert worden ist [4]. Das Ziel sowohl der deutschen als auch europäischen Rechtsprechung ist, Tierkrankheiten und Seuchen eindämmen und tilgen zu können [3, 4]. Die europäische Richtlinie zielt hierbei auf den innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und dessen Erzeugnissen im europäischen Binnenmarkt ab. Durch die explizite Kennzeichnung und Registrierung der Nutztiere kann im Rahmen veterinärrechtlicher oder tierzüchterischer Kontrollen stets der Herkunftsbetrieb ermittelt werden. Dies ermöglicht eine Nachvollziehbarkeit des gesamteuropäischen Viehverkehrs, um bei dem Ausbruch einer Tierkrankheit den Infektionsherd identifizieren und weitere Tiere schützen zu können [4].
Nach der EU-Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 besteht die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern aus der Ohrmarke, einer Meldung der neu geborenen/aufgenommen Tiere in einer elektronischen Datenbank, einem Tierpass sowie einem betriebsinternen Register für die Tierbewegungen [5]. Die ViehVerkV schreibt in Deutschland darüber hinaus vor, dass diese Kennzeichnung und Registrierung innerhalb von sieben Tagen nach der Geburt durchgeführt werden muss. Hierfür erhält der Landwirt von der zuständigen Behörde die vorgeschriebenen Ohrmarken (Abb. 2-4). Jedes Rind muss beidseitig eine Ohrmarke tragen [3]. Hierbei sind die Ohrmarken wie folgt beschriftet:
Die Besonderheit auf der Vorderseite der ersten Ohrmarke ist ein Strichcode, der sich auf den anderen Teilen der Ohrmarke nicht wiederfindet. Hierbei handelt es sich um einen Typ 2/5-Strichcode mit einem numerischen Zeichensatz und einem Zeichenvorrat von zehn Ziffern. Unmittelbar vor dem Stopp-Zeichen des Strichcodes wird die Prüfziffer als zusätzliche Ziffer dargestellt. Das Lesegerät des Strichcodes errechnet eine Prüfziffer wie es beispielhaft in Abbildung 5 dargestellt ist. Stimmt die errechnete Prüfziffer mit der ausgewiesenen Prüfziffer überein, wird der Strichcode übertragen [3].
Der Strichcode befindet sich neben der Ohrmarke auch auf dem Rinderpass, der wie ein Ausweis des Tieres zu verstehen ist. Der Rinderpass muss das Tier bis zur Schlachtung oder Verendung begleiten. Neben dem Strichcode sind auf dem Rinderpass Angaben zum Tierhalter, zur Herkunft des Tieres, zu den Vorbesitzern sowie die Pass-, Ohrmarken- und VVVO-Nummer notiert [3].
Bei Schafen und Ziegen gilt nach der EU-Verordnung (EG) Nr. 21/2004 des Rates vom 17. Dezember 2003 ähnlich wie bei den Rindern die Vorschrift zur Kennzeichnung, zum Führen eines betrieblichen Bestandsregisters und zur Meldung der Tierbestandsbewegungen in einer zentralen elektronischen Datenbank [6]. Die Kennzeichnung per Ohrmarke unterscheidet sich jedoch zu den Rindern dahingehend, dass bei den Schafen und Ziegen an einem Ohr nach der ViehVerkV eine elektronische Ohrmarke verpflichtend ist (Abb. 6). Eine Alternative zur elektronischen Ohrmarke ist ein Bolus-Transponder. Die elektronische Ohrmarke muss ein codierter Transponder sein, der wie bei den Rindern einen Ländercode mit einer zwölf-stelligen Nummer trägt. Hierbei stehen die ersten beiden Ziffern für den Tierartencode, die dritte und vierte Ziffer für das Bundesland und die fünfte bis zwölfte Ziffer für eine tierindividuelle Nummer [3].
Die zweite Kennzeichnung muss neben dem Transponder eine Ohrmarke am anderen Ohr, eine Fußfessel oder Tätowierung (bei nicht innergemeinschaftlichem Handel) sein [3].
Nach der EU-Richtlinie 2008/71/EG zur Kennzeichnung und Registrierung von Schweinen müssen alle Schweine innerhalb der EU eine Ohrmarke oder Tätowierung tragen, die eine Rückverfolgbarkeit zum Geburtsbetrieb und allen nachfolgenden Betrieben ermöglicht. Des Weiteren ist wie bei den Rindern, Schafen und Ziegen ebenso das Führen eines betrieblichen Bestandsregisters sowie das Melden der Tierbestandsbewegungen in der elektronischen Datenbank verpflichtend [7]. Nach der ViehVerkV muss die Ohrmarke in Deutschland spätestens mit dem Absetzen der Ferkel von der Sau eingezogen werden. Bei den Schweinen handelt es sich um eine rundliche Ohrmarke, die auf der Vorderseite den Ländercode, das Kürzel des Landkreises oder der kreisfreien Stadt des Betriebssitzes sowie die letzten sieben Ziffern der VVVO-Nummer des Betriebs trägt. Im Vergleich zu den Rindern, Schafen und Ziegen ist dementsprechend nur eine Kennzeichnung vorgeschrieben und dies ohne tierindividueller Nummer sondern lediglich mit einer betrieblichen Zuweisung [3].
Die Verordnung (EG) Nr. 504/2008 der Kommission vom 6. Juni 2008 zur Umsetzung der Richtlinien (RL) 90/426/EWG1 und 90/427/ EWG2 des Rates in Bezug auf Methoden zur Identifizierung von Equiden schreibt die Kennzeichnung von Einhufern vor. Im Vergleich zu den Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen werden bei den Einhufern jedoch keine Ohrmarken genutzt, sondern innerhalb Deutschlands ein Transponder mit tierindividueller Kennzeichnung. Darüber hinaus besteht für alle Einhufer, die nach dem 1.Juli 2009 geboren wurden, die Pflicht zum Führen eines Equidenpasses [8].
Elektronische Ohrmarken mittels Transponder ermöglichen eine elektronische Einzeltieridentifikation. Begonnen hat die Entwicklung der elektronischen Tierkontrolle bereits Ende der 60er Jahre mit der Zunahme der Herdengröße in Milchviehbetrieben. Die elektronische Ohrmarke ermöglicht hierbei eine maschinelle Identitätsfeststellung, um beispielsweise das Futter an einem Kraftfutterautomat tierindividuell zu zuteilen oder Kühe im Liegeboxenlaufstall zu orten. Die elektronische Ohrmarke wird somit im Vergleich zur gesetzlich vorgeschriebenen Ohrmarke nicht nur für die tierseuchenrechtliche, sondern vielmehr auch für die betriebsinterne Kennzeichnung genutzt [3].
Die Vorschriften zur Tierkennzeichnung waren Bestandteil der Grundanforderung an die Betriebsführung des Cross Compliance der GAP bis 2023. Die Kontrolle der Tierkennzeichnung und Registrierung war somit Gegenstand einer CC-Kontrolle und die Voraussetzung für die Gewährung der Agrarzahlungen. Mit der GAP 2023 bis 2027 wurden die Cross Compliance durch die Konditionalität ersetzt. In diesem Zuge ist die Tierkennzeichnung und Registrierung nicht mehr CC-relevant. Lediglich bei der Beantragung von gekoppelter Einkommensstützung für Mutterkühe, Mutterschafe und Mutterziegen wird die korrekte Tierkennzeichnung und Registrierung im Rahmen der Konditionalität geprüft [9].
Die Kennzeichnung vieler Nutztierarten mit einer Ohrmarke ist sowohl durch das EU-Recht als auch Bundesrecht (ViehVerkV) vorgeschrieben. Ziel der Gesetzgebung ist es, die Nachverfolgbarkeit von Tieren und dessen Erzeugnissen sowohl im Bundesgebiet als auch im Binnenhandel der EU sicherzustellen. Dies ermöglicht aus tierseuchenrechtlicher Sicht die Identifizierung des Infektionsherd bei dem Ausbruch eines gravierenden Infektionsgeschehens und somit das Eindämmen und Tilgen von Tierseuchen. Hierbei ist die Form, Farbe und Beschriftung der Ohrmarke behördlich vorgeschrieben. Neben den tierseuchenrechtlichen Gründen zur Kennzeichnung der Tiere mit einer Ohrmarke gibt es die betriebsinternen Kennzeichnungsgründe. Dabei handelt es sich um eine elektronische Ohrmarke, die vielfach im Rahmen maschineller Automatisierung eingesetzt wird.
Ruben Soth, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH)