On-Farm-Experimente sind wissenschaftlich fundierte Versuche zur Beantwortung pflanzenbaulicher oder verfahrenstechnischer Fragestellungen unter praxisrelevanten Produktionsbedingungen. Der Begriff „Produktionsbedingungen“ beschreibt dabei die Bewirtschaftung von Ackerflächen in praxisüblicher Größe und mit praxisüblicher Maschinenausstattung [1, 2]. On-Farm-Experimente weisen daher häufig die folgenden Charakteristiken auf:
Bei entsprechender Flächen- und Maschinenausstattung ist die Durchführung von On-Farm-Experimenten allerdings auch auf Versuchsstationen möglich [1].
On-Farm-Experimente zielen darauf ab, Forschungs- und Entwicklungsergebnisse, z.B. aus vorgelagerten Exakt- oder Laborversuchen sowie Prototypen, direkt in einer Praxisanwendung zu evaluieren, um die Praxistauglichkeit neuer Anbauverfahren, Pflanzenschutzmaßnahmen, Sorten oder Düngemethoden zu testen. OFE sind besonders wertvoll für die Validierung von Precision-Farming-Technologien und die Untersuchung spezifischer Fragestellungen, die nur unter realen Produktionsbedingungen adressiert werden können. Dazu zählen z.B. Versuchsfragen zu Problemstellungen des Maschineneinsatzes. On-Farm-Experimente zielen nicht darauf ab, das klassische Versuchswesen zu ersetzen, sondern stellen einen eigenen Versuchstyp dar [1].
Im Unterschied zu standardisierten Parzellenversuchen, die unter kontrollierten Bedingungen mit Spezialmaschinen durchgeführt werden und auf Versuchsstationen stattfinden, integrieren OFE die Variabilität realer Anbausituationen. Der Begriff der „realen Anbausituation“ bezieht sich dabei nicht nur auf die Berücksichtigung der natürlichen Variabilität ackerbaulich genutzter Standorte durch Großparzellen, sondern auch auf den Einsatz praxisüblicher Landtechnik. Dadurch bieten die Ergebnisse von OFE eine Übertragbarkeit auf die konkrete Situation der beteiligten Landwirte [2, 3].
Im Vergleich zu Exaktversuchen ist es bei On-Farm-Experimenten (OFE) jedoch schwieriger, alle Konstantfaktoren/ Störgrößen gleich zu halten und zu kontrollieren. Das macht es schwieriger, das ceteris-paribus-Prinzip einzuhalten. Dies kann zur Folge haben, dass OFE zu weniger genauen Ergebnissen und mehr zufälligen Fehlern führen. Außerdem kann die Genauigkeit der Messungen durch fehlerhafte Sensoren oder unbemerkte Unterschiede im Boden beeinträchtigt werden. Daher müssen OFE sehr sorgfältig geplant und durchgeführt werden, um genaue und verlässliche Ergebnisse zu erzielen. Dazu gilt es, Störgrößen messtechnisch zu erfassen und in der Auswertung zu berücksichtigen [1, 2, 4].
On-Farm-Experimente werden teilweise synonym zu dem Begriff On-Farm-Research (OFR) verwendet, andere Quellen sehen OFE eher als Teil des On-Farm-Research an, wobei OFR die breitere Kategorie darstellt, die alle Arten von Forschungsaktivitäten auf dem landwirtschaftlichen Betrieb umfasst. Produktionsintegrierte Großparzellenversuche (PiG) sind gleichbedeutend mit OFE, die auf ganzen Schlägen oder Teilschlägen angelegt werden und keine Spezialtechnik für ihre Durchführung benötigen. Ein besonderer Fokus liegt bei PiG auf der reibungslosen Integration der Versuche in die betrieblichen Abläufe. Weitere etablierte Begriffe sind Praxisversuch, Produktionsexperiment, Großversuch oder real world experiment. OFE unterscheiden sich von Demonstrationsversuchen durch die Einhaltung wissenschaftlicher Standards der Versuchsdurchführung und erreichen dadurch eine höhere Aussagekraft [1, 2, 3, 4].
Beispiele für Anwendungsgebiete:
OFE können für verschiedenste Versuchsfragen angewandt werden. Die Tabelle gibt Beispiele für mögliche Anwendungsgebiete:
Sorten |
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Pflanzenschutz |
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Düngung |
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Bodenbearbeitung und Aussaat |
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Precision Farming Technologien |
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Die Planung und Durchführung von OFE folgt denselben grundlegenden Prinzipien wie kontrollierte Parzellenversuche, die für die Gewährleistung wissenschaftlicher Genauigkeit und Relevanz essentiell sind. Zu diesen Grundprinzipien zählen die Wiederholung, die Randomisation und die Blockbildung. Außerdem muss sowohl bei der Planung, als auch der weiteren Durchführung darauf geachtet werden, dass bis auf die geplanten Variationen alle weiteren Maßnahmen und Faktoren gleich gehalten werden (Ceteris-Paribus-Prinzip) [1, 3, 4, 5].
OFE werden in der Regel auf ganzen Schlägen oder Teilschlägen angelegt. Die Größe der Parzellen orientiert sich zumeist an den Arbeitsbreiten der eingesetzten Landtechnik. Aufgrund der Größe der Parzellen müssen meist zusätzliche Störfaktoren, die die Prüfergebnisse beeinflussen können, jedoch nicht mit der Wirkung der Prüfglieder zusammenhängen, erfasst und in der Datenanalyse berücksichtigt werden. Dies trifft besonders auf Bodeneigenschaften zu. Es muss entschieden werden, ob diese Störfaktoren bereits durch das Versuchsdesign (z.B. Blockanlagen) ausreichend adressiert sind, oder ob sie durch statistische Modelle, die räumliche Koordinaten als Kovariate verwenden, einbezogen werden sollten. Diese Entscheidung ist ein zentraler Bestandteil der Modellentwicklung [1, 2, 4]. Zur Erfassung von Störgrößen können beispielsweise
genutzt werden.
Für OFE ist der Einsatz von Versuchsanlagen erforderlich, die gezielt auf die individuellen Versuchsfragen abgestimmt sind, um relevante und aussagekräftige Ergebnisse zu garantieren. Eine typische Versuchsanlage für OFE ist das randomisierte vollständige Blockdesign. Dabei entspricht die Anzahl der Parzellen je Block der Anzahl der Prüfglieder (vollständige Blöcke). Innerhalb der Blöcke sind die Prüfglieder zufällig den Parzellen zugeordnet (randomisiert). In diesem Fall ist die Anzahl der Wiederholungen eines Prüfglieds gleich der Anzahl der vollständigen Blöcke. Jedes Prüfglied muss mindestens dreifach wiederholt sein. Weitere Versuchsanlagen können beispielsweise randomisierte Blockanlagen mit unvollständigen Blöcken oder Zeilen-Spalten-Anlagen sein [1, 5].
Ein entscheidender Faktor bei der Planung von OFE ist das Verständnis, dass Ergebnisse, die auf einem einzelnen Feld in einem bestimmten Jahr erzielt werden, nicht generalisiert werden können. Diese Ergebnisse sind abhängig von den spezifischen Bedingungen des jeweiligen Feldes und des Jahres. Um generalisierbare Ergebnisse zu erzielen, ist es daher erforderlich, Versuchsreihen über mehrere Jahre sowie über verschiedene Felder, Betriebe und Naturräume hinweg zu planen [1, 3, 4].
Zur Planung von OFE wird zumeist GIS-Software eingesetzt. Auf Basis der Feldgrenze können die Parzellen platziert und Fahrspuren für die Landmaschinen geplant werden, die mithilfe automatischer Lenksysteme im Feld abgefahren werden. Zusätzlich können Applikationskarten z.B. für die automatische Variation von Aussaat- und Düngestärken, Applikation von Pflanzenschutzmitteln oder Bodenbearbeitungstiefen erstellt und von den Landmaschinen abgearbeitet werden.
Die Datenerfassung variiert je nach Versuchsfragestellung, erfolgt heute aber durch die Nutzung von GNSS-Systemen überwiegend georeferenziert, d.h. unter Angabe der Positionsdaten. Die Datenquellen sind vielfältig:
Entscheidend ist die Kalibrierung der Sensorsysteme, insbesondere von Ertragserfassungssystemen auf Erntemaschinen, um eine hohe Datengüte einzuhalten. Bei der Arbeit mit georeferenzierten Daten ist eine sorgfältige Bewertung aller erfassten Merkmalsdaten entscheidend. Es empfiehlt sich, Filter zur Plausibilitätsprüfung zu verwenden, um unplausible oder fehlerhafte Daten auszuschließen. Die Genauigkeit der räumlichen Erfassung spielt hier auch eine wichtige Rolle. So kann von cm-genau (RTK-fix oder float) bis (dezi-)meter-genau (dGPS, einfaches GNSS-Signal) erfasst werden [1, 4].
Häufig stimmen die Positionen oder die Erfassungsintensitäten von Applikations-, Ertragsdaten sowie Daten von Störgrößen nicht überein. Um eine korrekte räumliche Zuordnung gemäß der Parzellenstruktur sicherzustellen, ist es notwendig, die Daten teilweise zu verdichten und auf einheitliche Positionen zu beziehen. Dazu kommen räumliche Interpolationsverfahren zum Einsatz (z.B. Kriging) [1].
Nach der Datenerfassung und -aufbereitung kann die eigentliche Auswertung erfolgen. Ziel ist es zu prüfen, ob die unterschiedlichen Behandlungen (z.B. unterschiedliche Weizensorten) zu einer signifikanten Differenz der Zielgröße geführt haben (z.B. Höhe des Ertrages). Im Vergleich zum Exaktversuch ist die statistische Auswertung mit georeferenzierten Daten erheblich komplexer. Die Hauptherausforderung besteht darin, ein geostatistisches Modell zu wählen, das die Daten durch die Berücksichtigung der räumlichen Korrelation zwischen benachbarten Beobachtungen angemessen repräsentiert, um gültige statistische Schlussfolgerungen zu ermöglichen [1, 2, 5].
Hier folgen passenden Praxisbeispielen von FARMPRAXIS.
Stellvertretend für die operationelle Gruppe SNaPwürZ:
Sebastian Ramm (FuE-Zentrum FH Kiel GmbH)
Andreas Schmidt (EXAgT GmbH)
Christoph Ratke (AgDoIT GmbH)
Dr. Tobias Gebauer (geo-konzept GmbH)