In der Elektrizitätswirtschaft wird der zeitliche Verlauf der abgenommenen Leistung eines Teilnetzes oder eines Verbrauchers als Lastgang bezeichnet. Die Lastgänge der zu versorgenden Verbraucher dienen zur Planung und Optimierung der Energieerzeugung und -übertragung. Den Lastgang des eigenen Betriebes kann der Landwirt für die Planung von eigenen Energieerzeugungsanlagen und für die Auswahl des günstigsten Liefervertrages elektrischer Energie nutzen.
Die Höhe der bezogenen elektrischen Leistung eines Betriebes ist im Zeitverlauf Schwankungen ausgesetzt. In der Elektrizitätswirtschaft ist es üblich Mittelwerte der Leistung über Viertelstunden-Intervalle zu bilden. Diese Viertelstundenmittelwerte werden in einem Lastgang über verschiedene Zeiträume dargestellt. Typisch sind Lastgänge für Tages-, Wochen- und Jahreszeiträume. [1]
Die Abbildung 1 zeigt den Tageslastgang eines Milchviehbetriebes. Auf den ersten Blick sind dabei die zwei Melkzeiten mit hohem Leistungsbezug zu erkennen. Außerdem werden über den gesamten Tag mindestens 5 kW Leistung bezogen. Dieser Leistungswert, der innerhalb einer Zeitspanne nicht unterschritten wird, nennt sich auch Grundlast.
Die Betrachtung des Lastgangs des gleichen Betriebes über eine Woche in Abbildung 2 zeigt die tägliche Wiederholung bestimmter Muster. Für andere Milchviehbetriebe mit gleicher Melktechnik und zwei Melkungen pro Tag ist ein ähnlicher Verlauf des Lastgangs zu erwarten. Die Verlaufsmuster sind von der Betriebsform abhängig. Die Höhe der bezogenen Leistung dagegen ist von der Betriebsgröße (Anzahl der Tiere, Menge der Milch, etc.) abhängig.
Oft werden Tageslastgänge über mehrere Tage gemittelt, um typische Verläufe zu erhalten. Für Abbildung 3 wurde ein mittlerer Tageslastgang des Milchviehbetriebes für die Monate Januar und Juli gebildet. Die Grundlast ist im Dezember höher als im Juli. Das könnte an diversen Heizbetrieben von technischen Geräten, Zirkulationspumpen und Rohrbegleitheizungen sowie dem höheren Bedarf für Beleuchtung liegen. Der generelle Verlauf des Lastgangs bleibt dagegen ähnlich.
Für andere Betriebsformen gelten andere Zusammenhänge. So wird die Beleuchtung in der Schweinehaltung meist zeitgesteuert. Die nötige Leistung für die Klimatisierung zwangsbelüfteter Schweineställe hängt stark von der Außentemperatur ab [2].
Aus den Lastgängen des Gesamtbetriebes lassen sich bereits viele Zusammenhänge und Abhängigkeiten erkennen. Intelligente Stromzähler (Smart Meter) messen und speichern bereits die Viertelstundenmittelwerte, mit denen sich ohne weitere Messtechnik betriebseigene Lastgänge erstellen lassen [3]. Für detaillierte Betrachtungen einzelner Verbrauchsgruppen, Betriebszweige oder einzelner Geräte ist weitere Technik zur Energieerfassung notwendig.
Unternehmen der Energiewirtschaft müssen die Lastgänge ihrer Kunden kennen, um die Erzeugung elektrischer Energie zu planen. Die von den Kraftwerken zur Verfügung gestellte Leistung muss stets dem Bedarf der Verbraucher angepasst werden [4].
Das elektrische Versorgungsnetz muss wiederum auf die maximale Last ausgelegt sein. Verbraucher mit einem jährlichen elektrischen Energiebezug von mehr als 100.000 kWh zahlen daher nicht nur den Arbeitspreis der Energie in Kilowattstunden, sondern auch einen Leistungspreis. Der Leistungspreis ist proportional zu dem höchsten Viertelstundenmittelwert der bezogenen Leistung des Betriebes. Daher ist es ratsam diese maximale Leistungsspitze durch Lastmanagement zu verringern.
Im Artikel "Lastmanagement auf einem Milchviehbetrieb" wird die Analyse von Lastgängen gezeigt, um ein Lastmanagement umzusetzen.
Dipl. Ing. (FH) Rainer Kock, Technischer Mitarbeiter im Experimentierfeld Betriebsleitung und Stoffstrommanagement - Vernetzte Agrarwirtschaft in Schleswig-Holstein (BeSt-SH)