Elektrisches Lastmanagement in der Landwirtschaft umfasst organische und technische Maßnahmen, um den zeitlichen Verlauf des Energieverbrauchs zu beeinflussen. Meist wird gesteuert, wann bestimmte Verbraucher ein- und ausgeschaltet werden, um Lastspitzen im Tagesverlauf zu verhindern oder die Nutzung von selbst erzeugter elektrischer Energie zu optimieren [1].
Auf landwirtschaftlichen Betrieben gibt es eine Vielzahl von elektrischen Verbrauchern. Deren Betriebszeiten und -dauern haben unterschiedliche Abhängigkeiten. Beispielsweise wird Licht oft manuell ein- und ausgeschaltet und die Betriebsdauer hängt vom persönlichen Verhalten der Nutzer sowie vom Wetter sowie der Jahreszeit ab. In geschlossenen Schweine- und Geflügelställen kann das Licht auch strikt zeitgesteuert sein. Die Stallklimatisierung wird meist temperaturgesteuert und hängt damit im Wesentlichen von der Jahreszeit und dem Wetter ab. Güllemixer und -pumpen werden in der Regel entweder manuell oder über den Füllstand in der Grube gesteuert. Melkvorgänge auf einem Melkstand werden manuell durch Mitarbeiter gestartet, finden aber jeden Tag etwa zu den gleichen Zeiten statt. Bei Melkungen auf einem Betrieb ergeben sich auch charakteristische Muster in den Betriebszeiten der einzelnen Verbraucher, solange die Anzahl der Kühe und die Milchmenge gleichbleiben. Ein typischer Lastgang der Hauptstromverbraucher auf einem Melkstand ist in Abbildung 1 dargestellt. Die gezielte Änderung der Betriebszeiten von Verbrauchern wird als Lastmanagement bezeichnet.
Der erste Schritt zur Umsetzung eines Lastmanagements ist die Analyse des Stromverbrauchs auf dem Betrieb. Die wichtigsten Werkzeuge dafür sind der Lastgang und falls verfügbar Daten einer detaillierten Energieerfassung. Ohne Messdaten aus einem Lastgang oder einer Energieerfassung ist es schwieriger ein Lastmanagement zu planen. Die Leistungen der größten Verbraucher können anhand der Typenschilder annährend ermittelt werden. Die Betriebszeiten können durch Zeitmessung oder aus den täglichen Erfahrungen abgeschätzt werden.
Im einfachsten Fall werden die Verbraucher auf dem Betrieb manuell ein- und ausgeschaltet. Dann kann durch die Organisation der Arbeitsabläufe vermieden werden, dass mehrere leistungsstarke Verbraucher parallel betrieben werden. Je mehr Mitarbeiter auf einem Betrieb arbeiten, desto aufwändiger ist ein solches manuelles Lastmanagement.
Als erste Automatisierung bietet sich die Zeitsteuerung an. Eine Zeitschaltuhr verhindert beispielsweise, dass ein Verbraucher zu bestimmten Zeiten eingeschaltet werden kann. Bei einer gegenseitigen Verriegelung verhindert der Betrieb eines Verbrauchers das Einschalten eines Anderen. Dies wird oft im Zusammenhang mit Relais und Schützsteuerungen angewendet. Da hierfür eine Verdrahtung zwischen den Steuerungen der beiden Verbraucher bestehen muss, bietet sich die gegenseitige Verriegelung nur bei nah beieinanderstehenden Verbrauchern an.
Ein erweitertes automatisches Lastmanagement basiert auf der Messung des aktuellen Leistungsbezugs. So können einzelne Verbraucher je nach deren Priorität gezielt gesperrt werden, wenn der Gesamtleistungsbezug festgelegte Grenzen überschreitet. Auf der anderen Seite können Verbraucher gezielt eingeschaltet werden, wenn Eigenerzeugungsanlagen mehr Leistung liefern, als der Gesamtbetrieb benötigt. Für die Umsetzung müssen zuverlässige Datenverbindungen zwischen der Messung, der Lastmanagement-Steuerung und den zu steuernden Verbraucher geschaffen werden.
Betriebe mit einem jährlichen elektrischen Energiebezug von mehr als 100.000 kWh bzw. einer Spitzenlast von mehr als 30 kW haben oft einen Stromliefervertrag nach dem auch ein Leistungspreis in Rechnung gestellt wird. Der Leistungspreis richtet sich nach dem höchsten Viertelstundenwert der bezogenen Leistung innerhalb eines Abrechnungszeitraums. Ein Lastmanagement kann diese Spitzenlast und damit den zu zahlenden Leistungspreis verringern. Andere Stromlieferverträge beinhalten unterschiedliche Preise pro Kilowattstunde je nach Tageszeit. In diesem Fall werden Betriebszeiten von geeigneten Verbrauchern durch Lastmanagement in die günstige Tarifzeit verschoben [2].
Wird auf dem Betrieb elektrische Energie erzeugt, ist es in vielen Fällen finanziell sinnvoll diese Energie auch auf dem Betrieb zu verbrauchen. Besitzt der Betrieb beispielsweise eine Photovoltaikanlage sollte das Lastmanagement geeignete Verbraucher zu Zeiten hoher solarer Einstrahlung einschalten [3].
Wenn der landwirtschaftliche Betrieb vergrößert wird oder neue Produktionsprozesse integriert werden, steigt auch der elektrische Leistungsbedarf. Dann kann es passieren, dass die maximale Leistung des Hausanschlusses nicht mehr ausreicht und die Hauptsicherungen überlastet werden. In diesem Fall sollte die Anschlussleistung des Betriebes erhöht werden. Eine Leistungserhöhung ist aber oft nur durch die Verlegung neuer Erdkabel mit einem höheren Leiterquerschnitt möglich. In einigen Fällen reicht aber auch ein Lastmanagement, um die Überlastung des Hauptanschlusses zu verhindern.
Ein hohes Potential zum Lastmanagement bieten Güllemixer - und pumpen sowie Futtermühlen. Die Anlagen haben eine hohe elektrische Leistung und deren Betrieb lässt sich in vielen Fällen durch geeignete Steuerung um einige Stunden verschieben. Bei Güllegruben kann eine entsprechende Reserve beim Füllstand für Aussteuerungszeiten berücksichtigt werden. Fütterungen sind oft zeitgesteuert und damit die Zeit bis zur nächsten Fütterung bekannt. Es ist auch denkbar die Systeme gezielt einzuschalten, wenn eine Eigenerzeugungsanlage mehr Leistung liefert, als der Betrieb benötigt. Betriebszeiten von anderen Verbrauchern sind nicht so einfach verschiebbar. Eine mangelnde Kühlung führt zum Verderben von Waren wie Milch. Eine Abschaltung oder Drosselung der Lüftung kann das Tierwohl negativ beeinflussen.
Bei der Umsetzung eines Lastmanagements müssen auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Ein automatischer Wiederanlauf von Maschinen darf insbesondere keine Menschen oder Tiere gefährden.
Auf einem Milchviehbetrieb kam es zur Überlastung der Hauptsicherung durch den Betrieb der Güllemixer- und pumpen während der Melkvorgänge (siehe Abbildung 2). Für diesen Betrieb wurde ein Lastmanagement umgesetzt, welches im Artikel “Lastmanagement auf einem Milchviehbetrieb” beschrieben ist.
Dipl. Ing. (FH) Rainer Kock, Technischer Mitarbeiter im Experimentierfeld Betriebsleitung und Stoffstrommanagement - Vernetzte Agrarwirtschaft in Schleswig-Holstein (BeSt-SH)