Wird ein Sensor mit Hilfe eines Halsbandes an einem Tier positioniert, handelt es sich um einen Halsbandsensor. Diese Sensoren finden in der Landwirtschaft vor allem bei Rindern Anwendung.
Ein Halsbandsensor kann eine sinnvolle Investition sein, um umfassende Daten von landwirtschaftlichen Tieren zu erheben. Diese Daten werden i.d.R. nicht nur erhoben, sondern auch zeitnah mit Hilfe angeschlossenen Software-Lösungen über Apps oder Desktopanwendungen ausgewertet und dem Nutzer bereitgestellt. Somit können diese als Planungs- und Entscheidungshillfen eingebunden werden [1].
Mit dem Ziel eine nachhaltigere Milchviehhaltung zu ermöglichen, wurden technische Innovationen als Lösungen entwickelt, unter anderem auch Halsbandsensoren. Je nach Sensor ist es möglich die Bewegungsmuster der Tiere, das Wiederkauverhalten, die Position oder auch die Oberflächentemperatur zu messen. Bei vielen Produkten steht eine genaue Brunsterkennung im Vordergrund, mit der der optimale Zeitpunkt der Besamung der Kühe abgeschätzt werden kann. Einige Halsbandsensoren erlauben auch eine frühzeitige Erkennung von Krankheiten und dem Kalbungsbeginn anhand bspw. der Aktivität oder des Wiederkauverhaltens. [7]
Um Milchviehhaltung nachhaltig betreiben zu können sind zwei Parameter wesentlich: Die Gesundheit und die Fruchtbarkeit der Kühe. Durchschnittlich 20 % der in Deutschland gehaltene Kühe müssen die Herde verlassen, weil sie nicht trächtig werden oder andere Fruchtbarkeitsstörungen zeigen [7]. Zusammen mit einer beeinträchtigten Eutergesundheit und Lahmheit sind dies die drei Hauptgründe für Abgänge. Der Besamungserfolg und damit auch die Reproduktionsleistung ist maßgeblich von einer validen Brunsterkennung abhängig. Die alleinige visuelle Brunsterkennungsrate liegt bei ca. 55 % (Firk et al. zitiert in [7]) und hängt stark vom Zeitaufwand und der Erfahrung des Beobachters ab. Beeinflusst wird der Erkennungserfolg zudem durch die Brunstdauer, die Ausprägung der Anzeichen und nächtlich auftretenden Ereignissen (Gasteiner & Wangler zitiert in [7]). Selbst für erfahrende Beobachter ist der Ablauf der Brunst teilweise nur schwer zu charakterisieren, da Symptome nicht immer offensichtlich sind, die Zyklusdauer unregelmäßig und die Dauer der Brunst selbst verkürzt sein kann [6]. Um Tierhaltern die Tierbeobachtung zu erleichtern wurden seit den 80er-Jahren Halsbandsensoren zur Brunsterkennung entwickelt [7], welche aufgrund stetig steigender Herdengrößen an Bedeutung gewinnen.
Halsbandsensoren zur Brunsterkennung erfassen meist die Aktivität des Einzeltiers, die um die Brunst ansteigt und somit der Zeitpunkt der Brunst ermittelt werden kann [7]. Die Aktivität wird entweder durch die Schrittzahl gemessen oder durch typische Kopf- bzw. Halsbewegungen. Validierte Systeme können eine Brunst mit einer Genauigkeit von bis zu 90 % erkennen [6]. Abbildung 1 zeigt beispielhafte Aktivitätsverläufe und daraus abgeleitete Brunstmeldungen.
Häufig korrelieren die Funktionen zur Brunsterkennung auch mit anderen Parametern wie der Körpertemperatur. So ist in Abbildung 2 zu erkennen, dass die Körpertemperatur (blau) im selben Zeitraum erhöht ist wie die Aktivität (hier beim Mastis) [7].
Der Einsatz von Halsbandsensoren zur Gesundheitsüberwachung ist im Vergleich zur Anwendung zur Brunsterkennung weniger verbreitet. Ein Grund ist, dass über eine Aktivitätsveränderung nur Krankheiten erkannt werden, die eine starke Tendenz dazu haben, das Allgemeinwohlbefinden des Tieres zu beeinträchtigen. Zu diesen Krankheiten gehören bspw. (Coli-)Mastitis oder Puerperalstörungen [6]. Auch Lahmheiten sind sehr gut durch Veränderungen von Bewegungsmustern und Fressverhalten festzustellen [2].
Zusätzlich kann die, durch das Fressen und Wiederkauen verursachte, Bewegung erfasst werden und so Rückschlüsse auf die Futteraufnahme und das Wohlbefinden gezogen werden. Durch die Wiederkauaktivität lässt sich zudem der Abkalbebeginn automatisiert erfassen. Grund dafür ist, dass die Nahrungsaufnahme ab 8 Stunden vor der Kalbung zunehmend abnimmt und 2-3 Stunden vor Abkalbung sehr gering ist. Folglich sinkt die Rumination. Die Validität der Abkalbevorhersage ist produktabhängig, liegt aber bei mindestens 80% [6].
Halsbandsensoren zur Brunstermittlung werden häufig zusammen mit sog. Brunstscheiben bzw. Brunstkalendern oder deren digitalen Alternativen genutzt. Damit lassen sich die Besamungs- und Kalbezeiten noch präziser eingrenzen [8].
Tabelle 1: Beispiele verschiedener Anbieter von Halsbandsensoren [3, 9, 10]
Sensorsystem | Anbringung | Überwachung |
GEA Cow Scout | Halsband- und Fußsensor |
Fress-, Wiederkau- und Liegeverhalten, Lokalisierung, Fruchtbarkeitsüberwachung, Gesundheit, Mobilität |
DeLaval Aktivitätsmessung | Halsbandsensor | Bewegungsaktivität, Brunst, Gesundheit |
Nedap Cow Control | Fuß- oder Halsbandsensor |
Aktivitäts- und Wiederkaumessung, Ortung, Fresszeit, Tieridentifikation, Fruchtbarkeit, Gesundheit, Pansenaktivität, Standort |
Heatime Pro (SCR) | Halsband & Ohrmarke | Brunst, Gesundheit |
Medria | Halsbandsensor |
Kalbungs- und Brunsterkennung, Analyse von Gesundheits- und Fütterungsstörungen, Hitzestressmanagement |
Die Entscheidung für einen Sensor hängt von den Präferenzen des Landwirtes ab und davon welche Fragestellungen beantwortet werden sollen, oder welche Messgrößen benötigt werden. Zusätzlich gilt es die Investitionskosten des Systems abzuschätzen und wie leicht das System zu bedienen bzw. zu verstehen ist. Als letztes sollte das System Empfehlungen haben und möglichst Praxiserprobt sein [5].
Die Vorteile von Halsbandsensoren sind unter anderem, dass die Art von Systemen einfach zu installieren sind und relative genaue Aussagen bezogen auf ihre Zielgrößen treffen können. Durch die hohe Reichweite von bis zu 10 km können die Sensoren auch über große Weide- oder Stallanlagen genutzt werden. Automatisch aktualisierte To-Do-Listen und eine automatisierte Einspeisung in das Herdenmanagement tragen dazu bei Kosten und Zeitaufwände zu reduzieren [3].
Grundsätzlich ist in der Anlaufphase durch die Anschaffung erstmals mit Kosten und auch einem erhöhten Zeitaufwand zu rechnen. Ob die ökonomischen Vorteile die Investitions- und Instandhaltungskosten übertreffen ist im Wesentlichen davon abhängig, wie erfolgreich das vorherige Fruchtbarkeitsmanagement im Betrieb war. Für Betriebe, die Schwierigkeiten hinsichtlich der Brunsterkennung und rechtzeitigen Besamung haben, ist eine automatische Erfassung der Brunstaktivität durch Sensoren meist auch aus finanziellen Gründen sinnvoll, da eine übersehen Brunst ca. 40 - 80 € an Kosten mit sich zieht [7]. Je nach Betriebsstrategie kann diese Annahme allerdings auch abweichen (bspw. bei Betrieben, die auf eine hohe Zwischenkalbezeit zielen). Wird in ein solches System investiert, ist es sinnvoll nicht nur die laktierende Herde auszustatten, sondern auch die Färsen, um das Erstkalbealter und damit die Aufzuchtskosten zu minimieren. Durch einen besseren Überblick über die Herdenparameter kann zusätzlich ein Beitrag zur Tiergesundheit geleistet werden. [7].
Durch die Mehrfachnutzung eines Sensors über mehrere Tiergeneration hinweg, können langfristig Kosten eingespart werden. Zusätzlich ist es denkbar nur einen Teil der Herde je nach Laktationsphase zeitweise auszustatten.
Nachteile können beispielsweise durch negative Einwirkung des Halsbandes in Form von Abschnürungen, Scheuerungen oder dem Verrutschen der Halsbänder entstehen [5]. Zudem setzt die effektive Anwendung der Sensoren das Know-How für ein korrekte Interpretation der verfügbaren Daten voraus [8]. Des Weiteren ist die Interoperabilität zwischen Sensorsystemen und Herdenmanagementanwendungen oftmals nicht gegeben, wodurch Mehrfacheingaben von Tierdaten nötig seien können.
Halsbandsensoren sind primär dazu entwickelt wurden, Landwirte bei der Erfassung von wesentlichen Brunst- und Gesundheitsindikatoren zu unterstützen. Die Parameter, die dabei erfasst werden (Aktivität, Wiederkauverhalten,…), liefern dem Landwirt Informationen über den Satus seiner Herde und geben frühzeitig Meldung über Abweichungen von Normalwerten, sodass ein schnelles Eingreifen möglich ist. Davon profitiert das Tier einerseits, weil seine Gesundheit dadurch automatisch erhoben wird und es bei Krankheitsfällen frühzeitig behandelt werden kann und auf der anderen Seite profitiert der Landwirt, weil sich durch die höhere Tiergesundheit die Lebensdauer der Tiere verlängert und diese bessere Leistungen erbringen können [5]. Beispielsweise zeigen Forschungsergebnisse, dass lahme Tiere geringere Futteraufnahme aufweisen. Durch die automatische Erkennung von Lahmheiten mittels Halsbandsensoren können diese frühzeitig behandelt werden und ein normales Futteraufnahmeniveau erreichen. Wird eine Lahmheit erst spät erkannt, leidet das Tier einerseits länger und zusätzlich sinkt die Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolges [2].
Zusätzlich kann das Fütterungsmanagement gezielter im Blick behalten und ggfs. angepasst sowie Abkalbung rechtzeitig erkannt werden. Das sorgt für ein verbessertes Tierwohl und hilft dem Betrieb die Arbeitsbelastung zu verringern und die Arbeitsqualität zu steigern [5].
Trotz der vielen Möglichkeiten dürfen die damit einhergehenden Herausforderungen nicht außer Acht gelassen werden. So ist beispielsweise eine funktionierende Internet-Infrastruktur im ländlichen Raum eine wichtige Voraussetzung für eine kontinuierliche Nutzung. Die Datensicherheit und –hoheit müssen geklärt, sowie die korrekte Bedienung und Funktionalität der Sensoren für die Validität der Daten gewährleistet sein. Weiterhin ist festzuhalten, dass Sensoren und die dadurch erhobenen Daten den Landwirt bei der Entscheidungsfindung unterstützen, es jedoch weiterhin unabdingbar ist, dass eine regelmäßige Tierbeobachtung durchgeführt wird [5].
Erfahrungsberichte von Milchviehhaltern, die mit Sensoren zur Brunsterkennung arbeiten, zeigen, dass diese mit den Systemen sehr zufrieden sind und vor allem von der Zeitersparnis und der Genauigkeit der Systeme profitieren. Für viele Tierhalter ist nicht die finanzielle Einsparung der bedeutendste positive Faktor, sondern das Wiederfinden des Spaßes an der Arbeit und der einhergehende Arbeitskomfort [7].
Farmwissen - Herdengesundheit mit Medria FarmLife überwachen
5. Möglichkeiten und Grenzen der Digitalisierung in der Milchviehhaltung: Hoy, S.
6. Brunsterkennungssysteme in der Milchviehhaltung – Kosten und Nutzen: Pfeiffer, J. et al.
8. BayernWatch Flyer: Bayern Genetik
9. Allfelx Livestock Intelligence Heatime Pro+: Allfelx Global
Michael Wagner, B.Sc., Technische Zentralstelle Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (TZ DLR-RNH)
Svea Lynn Schaffner, M.Sc., Zentrum FH Kiel GmbH