Sensoren können an fast allen Nutztieren in der Landwirtschaft angebracht bzw. in sie eingebracht werden. Die Sensoren erfassen hauptsächlich Messwerte, die Rückschlüsse auf die Gesundheit der Tiere, deren Leistung oder Brunst ermöglichen.
Sensoren am Tier sind heutzutage weit verbreitet und werden verstärkt nachgefragt. Dabei stehen verschiedenste Modelle zur Auswahl. Gängige Befestigungsmöglichkeiten beim Tier sind Hals, Fuß, Ohr oder Schwanz. Auch „Boli“, die in den Pansen eingesetzt werden, dienen der Tierüberwachung und sind weit verbreitet [1].
Dabei werden Daten nicht nur erhoben, sondern auch sehr zeitnah über verknüpfte Programmen oder einem akustischen oder sichtbaren Signal an den Nutzer übermittelt, sodass sie in Planungen eingebunden werden können [1]. Die Aufgabe Krankheiten oder bspw. das Brunstverhalten von einzelnen Tieren zu erkennen und einzeltierspezifische Entscheidungen zu treffen wird mit zunehmender Herdengröße komplexer und herausfordernder. Die Menge an zu erhebenden Daten und die Ableitung von Entscheidungen führt zunehmend zu einer steigenden Belastung für den Landwirt, da die Datenmenge der täglichen Betriebsroutine überfordernd sein kann [6].
Es können verschiedenste Messwerte durch Tiersensoren erhoben werden. Unter anderem zur Bewertung der Gesundheit und Erkennung von Krankheiten, zur Brunsterkennung oder zur Bestimmung des Kalbezeitpunktes [1]. Je nach Sensorsystem und Möglichkeit der Messung verschiedener Werte, gibt der Sensor die wichtigsten Gesundheits- oder Verhaltensparameter des Tieres wieder. Dies umfasst unter anderem:
Treten Abweichungen vom Normalverhalten auf, so bekommt der Landwirt Meldung und kann die notwendigen Schritte einleiten [1]. An welchen Stellen Sensoren, welche Parameter messen können, zeigt Abbildung 1.
Die Sensoren, manchmal auch als Träger bezeichnet, werden in Aktiv und Passiv unterteilt (Abb. 2).
Die passiven Transponder (Abb. 3) besitzen keine eigene Energieversorgung, sondern bekommen diese von der im Stall befindlichen Antenne. Zwischen beiden Komponenten werden zudem Daten ausgetauscht. Die Antenne gibt die Daten an ein Endgerät (Smartphone, Rechner, o.ä.) weiter. In der Regel halten die Sensoren lange, aber können nur geringe Reichweiten abdecken.
Die Aktiven Transponder hingegen haben eine eigene Energieversorgung, aber eine begrenzte Lebensdauer. Allerdings decken sie hohe Reichweiten ab (Abb. 4) [5].
Unterschiede finden sich zusätzlich in weiteren Punkten [5]:
Die verwendete Technik am Sensor zur Erhebung der Messdaten und die Versendung der Daten sind zwei wichtige Komponenten des Systems. Ebenso entscheidend für zuverlässige Entscheidungshilfen ist der verwendete Algorithmus, der die Daten aufbereitet und einstuft [4]. Das System ist auf eine kontinuierliche Dateneingaben angewiesen, damit die erhobenen Werte miteinander verglichen werden können. Je nachdem, welches System verwendet wird, kann bis zu einer Woche vergehen bis zuverlässige Daten geliefert werden, da System erst Daten zur Kalibrierung erheben muss [4]. Wichtig ist das Verständnis der Entwicklung der erhobenen Parameter und der Vergleich zwischen anderen Tieren und nicht zwingend die Interpretation von Einzelwerten [4].
Die Brunsterkennung ist eine der bedeutendsten Einsatzmöglichkeiten von Tiersensoren. Hintergrund der Entwicklung dieser Messtechnik war, dass der Ablauf selbst in der Praxis nur schwer zu charakterisieren ist, da Symptome nicht zwingend offensichtlich sind, die Zyklusdauer oft unregelmäßig ist und die Dauer der Brunst selbst verkürzt sein kann [6]. Daher wurden Sensoren entwickelt, die entweder die Schrittzahl messen - die lokomotorische Aktivität im Brunstzeitraum ist erhöht - oder für die Brunst typische Kopf- bzw. Halsbewegungen erfassen [6].
Die Gesundheitsüberwachung ist im Vergleich dazu noch nicht so weit verbreitet. Die beruht unter anderem darauf, dass nur Krankheiten erkannt werden, die eine starke Tendenz dazu haben das Allgemeinwohlbefinden des Tieres zu beeinträchtigen und eindeutige Symptome aufweisen. Zu diesen Krankheiten gehören bspw. (Coli-)Mastitis oder Puerperalstörungen. Klauenerkrankungen können zwar erfasst werden, sind aber häufig weniger eindeutig, weshalb eine zusätzliche Einzeltierbetrachtung notwendig ist [6].
Der Kalbebeginn lässt sich relativ einfach durch eine Messung des Wiederkauverhaltens abschätzen. Ungefähr acht Stunden vor der Abkalbung geht die Nahrungsaufnahme deutlich zurück und zwei bis drei Stunden vor der Kalbung ist dieser Effekt noch deutlicher ausgeprägt. Folglich sinkt die Rumination. Die positive Erkennungsrate von Abkalbungen liegt je nach System bei ca. 80 % [6].
Der Einsatz von Pansenbolis ermöglicht zusätzlich zum Wiederkauverhalten die Messung des pH-Wert und der Temperatur im Pansen in 10 Minuten Abständen. Die Sensoren ermöglichen die Futterration, erkennen Pansenazidose (pH < 5,5) durch die Messung des des pH-Wertes und können ebenfalls die Wasseraufnahme und Rückschlüsse auf die Gesundheit der Tiere durch die Messung der Pansentemperatur bieten [6].
Die FA BAYERN GENETIK bietet mit dem BAYERN Watch ein Herdenmanagement das ganzheitlich die Tierüberwachung des Betriebes übernimmt. Es ist möglich die Brunsterkennung, die Gesundheit, das Fressverhalten und die Abkalbezeit zu erfassen [3]. Mit der Aktualisierung ihres Produktes werden auf der zugehörigen Apps auch Push-Benachrichtigungen versendet, damit der Landwirt auch unterwegs Meldung bekommt. Zusätzlich lassen sich mit dem Mini-Pedometer Kälber, Schafe und Ziegen überwachen [3]. Weitere beispielhafte Sensoren und deren Funktionen und Art zeigt die nachfolgende Tabelle:
Tabelle 1: Vorstellung verschiedener Sensoranbieter und -systeme [3]
Sensorsystem | Anbringung | Überwachung |
Heatime Pro+ (Sense-Hub) | Ohrmarke & Halsbandsensor | Aktivität, Wiederkauen, Tieridentifikation, Fruchtbarkeitsüberwachung. Gesundheit & Pansenaktivität |
GEA Cow Scout | Halsband- und Fußsensor | Fress-, Wiederkau- und Liegeverhalten, Lokalisierung, Fruchtbarkeitsüberwachung, Gesundheit, Mobilität |
Smartbow | Ohrmarke | Aktivitäts- und Wiederkaumessung, Fruchtbarkeitsüberwachung, Gesundheit, Pansenaktivität, Standortbestimmung |
Smaxtec | Bolus im Pansen | Aktivität-, Temperatur- und Wiederkaumessung, Fruchtbarkeitsüberwachung, Gesundheits- und Pansenüberwachung, Wasseraufnahme. pH-Wert |
Nedap Cow Control | Fuß- oder Halsbandsensor | Aktivitäts- und Wiederkaumessung, Ortung, Fresszeit, Tieridentifikation, Fruchtbarkeit, Gesundheit, Pansenaktivität, Standort |
DeLaval Aktivitätsmessung | Halsbandsensor | Bewegungsaktivität, Brunst, Gesundheit |
Dropnostix | Pansensensor | Gesundheit, Tierbeobachtung, |
Die Kaufempfehlung für einen Sensor ist insbesondere von den Präferenzen des Landwirtes abhängig: Für welche Bereiche benötige ich eine entsprechende Unterstützung, wie sehr vertraue ich den erhobenen Daten und den Empfehlungen, oder wie affin bin ich gegenüber neuen Technologien? Zusätzlich gilt es die Investitionskosten des Systems im Zusammenhang mit potentiellen Kostenreduktion oder eingesparten Arbeitszeiten in den Zusammenhang zu bringen. Zudem ist eine genaue Auseinandersetzung mit dem System notwendig um die Bedienbarkeit und das Verständnis der Systeme abschätzen zu können. Angaben zur Verbreitung und Bewährung in der Praxis können gute Indikatoren und Entscheidungshilfen sein [5].
Vorteile solcher Sensoren sind unter anderem, dass die Systeme meist einfach zu installieren sind und die erhobenen Daten oft sehr genau sind. Durch individuelle, aktualisierte To-Do-Listen und einer Integration in das Herdenmanagement lassen sich Kosten und Arbeitszeiten einsparen [3]. Grundsätzlich ist in der Anlaufphase durch die Anschaffung erstmals mit finanziellen und zeitlichen Aufwänden zu rechnen [4].
Weitere Vor- und Nachteile der Sensoren stehen in Abhängigkeit ihrer Position (Tab. 2) [5].
Tabelle 2: Pro und Contra in Abhängigkeit der Sensorposition
Sensorvariante | Pro | Contra |
Ohrmarke |
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Halsband |
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Bolus |
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Fuß |
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Ökonomisch gesehen ist die Sinnhaftigkeit besonders davon abhängig, wie das vorherige Fruchtbarkeits- und/oder Gesundheitsmanagement im Betrieb war. Beispielsweise lohnt sich eine Anschaffung eines digitalen Systems zur Brunsterkennung insbesondere bei hohen Zwischenkalbezeiten aufgrund von übersehenen Brünsten, da eine übersehen Brunst ca. 40 - 80 € an Unkosten verursacht [7]. Wird ein solches System angeschafft, ist es sinnvoll das Jungvieh gleich mit auszustatten, weil Aufzuchtkosten dadurch minimiert werden können [7].
Der Anwendungsbereich zielt ganz klar auf die Landwirtschaft, spezifisch auf die Viehhaltung ab. Die Parameter die durch Tiersensoren erfasst werden, helfen dabei dem Landwirt frühzeitig Abweichungen von Normalwerten zu erkennen. Davon profitiert das Tier, einerseits weil Krankheiten früher erkannt werden können und es somit tendenziell gesünder ist und und auf der anderen Seite der Landwirt, weil das Tier frühzeitig behandelt bzw. besamt werden kann [5]. So zeigen Forschungsergebnisse, dass Tiere die Lahmen weniger fressen. Durch das Erkennen der gehemmten Futteraufnahme durch einen Sensor, kann beispielsweise eine Fußerkrankung frühzeitig erkannt werden und dementsprechend auch früher behandelt werden. Durch eine frühzeitige Erkennung, sind zukünftige Behandlungen wesentlich erfolgsversprechender [2].
Durch die Überwachung mit Tiersensoren kann das Fütterungs-Management deutlich besser angepasst werden. Bei Abkalbungen wird der Landwirt oder die Landwirtin rechtzeitig informiert. Das sorgt für ein verbessertes Tierwohl und hilft dem Betrieb Arbeitsbelastung und –qualität zu steigern. Schlussendlich sorgt dies auch für verbesserte Transparenz [5].
Trotz der vielen Möglichkeiten, dürfen die damit einhergehenden Herausforderungen nicht außer Acht gelassen werden. Aktuelle Herausforderungen lassen sich so unter anderem im Bereich der Internet-Infrastruktur im ländlichen Raum, der Frage der Datensicherheit und –hoheit, der Genauigkeit der Sensoren, der Bedienbarkeit, sowie der Abhängigkeit von diesen Systemen finden. Zudem ist festzuhalten, dass Sensoren zwar Daten und Entscheidungshilfen liefern, ein Verständnis und eine zusätzliche Beobachtung und Einstufung durch die Tierhaltenden immer noch die Basis darstellen [5].
Landwirte und Landwirtinnen, die mit Sensoren zur Brunsterkennung arbeiten, sind mit dem System häufig zufrieden und berichten unter anderem von Vorteilen im Bereich der Zeitersparnis und der höheren Genauigkeit der Systeme. Für viele ist nicht einmal das finanzielle Ersparnis entscheidend, sondern das wiederfinden des Spaßes an der Arbeit und der dadurch entstehende Komfort [7].
Verbesserte Brunstüberwachung durch das Cowmanager System
Michael Wagner, B.Sc., Technische Zentralstelle Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (TZ DLR-RNH)